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Degginger, Marianne

Schwieriges Überleben. Ein Familienschicksal in Darmstadt, Heppenheim, Frankfurt, Berlin und Eibenstock 1857-1957

Verlag: Hartung-Gorre, Konstanz 2008

ISBN: 978-3-86628-221-6

228 S., 25 farb. Abb., 19,80 Eur

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Je weiter die Schoáh zeitlich entrückt, desto näher scheint sie an die Gegenwart heranzurücken, und je mehr darüber veröffentlicht wird, um so weniger scheint man zu wissen, insbesondere bezüglich der deutschen Schlüsselfrage, wie das alles hatte geschehen können.

Im folgenden lernen wir das Schicksal einer "privilegierten Mischehe" kennen, die Mutter ist Jüdin, der Vater ist "Arier" und arbeitet in der Reichs-Kredit-Gesellschaft zu Berlin. Tochter Marianne wird 1932 als "Mischling 1. Grades" geboren und protestantisch getauft, Bruder Hans-Martin wird aus Sicherheitsgründen 1936 in London geboren und ebenfalls getauft. Marianne spürt sehr wohl die wachsende Ausgrenzung, die sich steigernden Sorgen der Eltern kann sie kaum erahnen, zumal die Eltern alles von den Kindern fernzuhalten versuchen, was diese belasten könnte. Dennoch sind Traumata bis heute geblieben. - Mariannes jüdische Großmutter wird nach Mitte August 1942 von Frankfurt nach Theresienstadt deportiert, Anfang Februar 1944 durch eine Postkarte ihr Tod vermeldet, woraufhin ihre Tochter Bertel – Mariannes Mutter - zusammenbricht. Auch deren Deportation muß nun mehr denn je befürchtet werden, und selbst der "arische" Mann und Vater kann sich nie ganz sicher fühlen. Hinzu kommt die schwierige Versorgungslage und die Angst vor den zunehmenden Luftangriffen, weshalb man zeitweise aufs Land ausweicht. - Vater Fritz Unger hält seiner Frau und seinen Kindern die Treue und kann somit seine ganze Familie durch den Zweiten Weltkrieg und durch die Schoáh retten, während außer der geliebten Omi noch zahlreiche andere Verwandte mütterlicherseits der NS-Herrschaft in Deutschland und Europa zum Opfer fallen. "Daß und wie wir überlebt haben, muß als ein Wunder betrachtet werden", schreibt Marianne Degginger: Ein Wunder dank des stillen Heldentums ihrer Eltern und der christlichen Verwandten.

Marianne Degginger ist für ihre Erinnerungsarbeit herzlich zu danken, der durch die Verbindung von elterlichen Briefen und persönlichen Erinnerungen im Kontext zeitgeschichtlicher Daten eine ebenso detaillierte wie dichte Familiengeschichte zur Zeit der Schoáh gelungen ist.– Was aufgeschrieben, veröffentlicht und in einigen Bibliotheken der Welt aufgehoben ist, wird wohl nicht so schnell vergessen.  Prof. Dr. Erhard Roy Wiehn

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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