VOLKHOVEN-WEILER.
Blanka
Pudler
blickt auf eine bewegte und
über Jahre hinweg schreckliche Vergangenheit zurück: Denn die heute
in Budapest lebende Zeitzeugin wurde als Jugendliche in das Konzentrationslager
nach Auschwitz deportiert.
Über ihre Erfahrungen als junge Jüdin in Deutschland berichtete
sie jetzt den Schülerinnen und Schülern des Heinrich-Mann-Gymnasiums,
die den Erzählungen der Holocaust-Überlebenden gebannt zuhörten und anschließend
viele Fragen stellten.
Besonders die Art und Weise,
wie Blanka Pudler ihre Geschichte erzählte, zog die vielen Schüler in den Bann: Wohl auch, weil sie
die schrecklichen Details aus ihrem Leben nicht zensiert: „Das war uns
damals besonders wichtig in Auschwitz: Überleben, um den Menschen zu erzählen,
was hier passiert ist. Und das ist mir auch heute noch wichtig: Die Jugendlichen
dürfen nicht vergessen, was damals geschah", so Blanka Pudler, deren
Lebensgeschichte mittlerweile sogar verfilmt wurde: „Kanarienvogel" lautet der Titel der Dokumentation von Regisseurin
Elke Mark, die das Leben der 80-Jährigen zu schildern versucht. „Der Titel hat etwas mit meiner Zwangsarbeit
in einer Leipziger Munitionsfabrik zu tun. Dort mussten wir ohne Schutzbekleidung
mit gefährlichen Säuren arbeiten. Darauf hin wurden unsere Haare, unsere Haut, Fingernägel und Augäpfel gelb. Deswegen nannten uns die Leute „Kanarienvögel".
Beklemmend ist auch die Passage, in der Blanka Pudler
über ihre Begegnung mit KZ-Arzt Dr. Josef Mengele berichtet, der
sie von ihrer Mutter trennte: „Das letzte Mal, als ich sie lebend gesehen
habe" - an dieser Stelle ist es ganz still im Pädagogischen Zentrum
des Heinrich-Mann-Gymnasiums. Brigitte Gensch vom Verein „Der halbe Stern",
der sich um durch NS-Verfolgung traumatisierte Menschen kümmert, verriet:
„Ich habe schon viele Zeitzeugengespräche geführt: Aber heute sind mir
nach langer Zeit mal wieder die Tränen gekommen."
Mit Tränen zu kämpfen hatte auch eine Schülerin bei der anschließenden
Fragerunde: „Ich bin selbst Jüdin und fühle mich hier manchmal nicht zu
Hause. Meine Großmutter starb im Konzentrationslager. Welchen Tipp können
sie jugendlichen Juden in Deutschland geben?", fragte sie. Eine
allgemeine Antwort konnte Blanka Pudler leider nicht geben - dafür aber
eine herzliche Umarmung. Eine weitere Frage:
„Wie
konnten sie ihre Erlebnisse in Auschwitz mit ihrem Glauben vereinbaren?" Antwort:
„Eine schwierige Frage. Ich habe meinen Glauben lange Zeit in Auschwitz
gelassen. Gott war dort einfach nicht präsent." Heute wünsche sich
Blanka Pudler, ihren Glauben wieder finden zu können: „Ich habe nie generalisiert.
Nie den Glauben an die Menschlichkeit verloren, dehn zum Beispiel, haben
uns Menschen Kartoffeln oder Obst über die Mauern des KZ's geworfen.
Doch der Glaube an Gott war lange verloren. Heute gehe ich manchmal wieder
zur Synagoge. Aber ich merke, die Gebete kommen noch nicht von Herzen."
Ein anderer Schüler stellte die Frage, wie Blanka Pudler zur Diskussion um die
Rehabilitation des Bischofs William Richardson, der in einer TV-Show den
Holocaust leugnete, stehe: „Schrecklich. Die Geschehnisse von damals einfach
zu leugnen oder sie einfach nur zu vergessen ist der falsche Weg. Das
ist wichtig, damit sich die Geschichte nicht wiederholt."
Foto Im
Plenum: Brigitte Gensch, Zeitzeugin Blanka Pudler, Schulleiter Michael Mohr,
Elke Mark (
© D.Uebber )